Worum geht es?
Zum dritten Mal veröffentlicht EY das Barometer Digitalisierung der Energiewende und kam zu dem Ergebnis, das sowohl spürbare Fortschritte aber auch neue Hindernisse bei Regulierung und Umsetzung vorherrschen. Das Barometer bewertet den Fortschritt der Digitalisierung der Energiewende. Dafür werden diverse Indikatoren zu acht Schlüsselfaktoren zusammengefasst.
Der Barometer-Gesamtwert lag 2020 bei 44 von 100 möglichen Punkten, was einen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr um 8 Punkte und im Vergleich zum Basisjahr 2018 um sogar 22 Punkte bedeutet. Insgesamt wurde festgestellt, dass der Einfluss der Corona-Krise nur zu Krisenbeginn die Fortschritte beeinträchtigt hat, wenngleich sich insgesamt auf das Jahr betrachtet das Digitalisierungstempo verlangsamt hat. Gründe dafür werden im Mangel von nicht erfolgten regulatorischen Weichenstellungen und in strukturellen Hindernissen für die Skalierung von Rollout-Zahlen und damit auch für neue Geschäftsmodelle gesehen.
Überblick der Schlüsselfaktoren
- Zertifizierungen – 70/100 Punkte (2019: 60/100)
Im ersten der acht Schlüsselfaktoren wurde ein positives Ergebnis festgestellt, aufgrund der vierter Zertifizierung des Geräteherstellers Theben. Zusätzlich wurde der Hersteller PPC rezertifiziert, sodass dessen Geräte nun auch TAF9, TAF10 und darüber hinaus TAF14 abbilden können. - Marktprozesse / Marktkommunikation – 41/100 Punkte (2019: 32/100)
Als Errungenschaft wurden die Umsetzung und die positive Branchenrückmeldung zur Mako 2020 gewertet. Außerdem wurde die Mako 2022 auf den Weg gebracht, in der u.A. der Energieserviceanbieter (ESA) des Anschlussnutzers als neue Marktrolle definiert wird. Ebenso der Bereich Smart Mobility wurde durch Regelungen zu ladevorgangsscharfer bilanzieller Energiemengenzuordnung der Netzzugang nun auch für externe Lieferanten an öffentlichen Ladesäulen geöffnet. Im Bereich Smart Grid wurden bisher keine Marktprozesse definiert werden. - Rollout – 40/100 Punkte (2019: 26/100)
Als deutliches Erfolgssignal wurde der Fortschritt beim Rollout von modernen Messeinrichtungen gewertet, da die am 01.07.2020 ausgelaufene 10%-Quote von allen Messstellenbetreibern erreicht wurde. Die Erfahrungen mit SMGWs wurden als herausfordernd wahrgenommen und Messstellenbetreiber nehmen deswegen häufig externe Dienstleistungen für die Installation in Anspruch. - Standardisierung – 41/100 Punkte (2019: 34/100)
Positiv wurden die EEG-Novelle und die darin enthaltene Ausweitung der Pflichteinbaufälle auf EEG- & KWKG-Anlagen beurteilt. Auch das Gebäudeenergie-gesetz (GEG) war ein gutes Signal. Irritierend war, dass der Referentenentwurf zum Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG) zur Überarbeitung des § 14a EnWG wieder zurückgezogen wurde. Weiterhin wurde bereits im letzten Jahr der Roadmap-Prozess zwar als sinnvoll und notwendig anerkannt, allerdings dessen Komplexität und Zeitintensität ebenso wie bei der Anwendung der technischen Richtlinien bemängelt. - Technologieangebot – 39/100 Punkte (2019: 33/100)
Noch immer dominieren proprietäre Lösungen den Markt. Diese werden jedoch nur als Übergangslösungen betrachtet, da nur eine standardisierte und sichere iMS-Infrastruktur die notwendige Zukunftssicherheit bieten wird. Ein Problem liegt derzeit noch in den fehlenden Anwendungsfällen mit SMGWs. Positiv wurde die neue Version der TR-03109 inkl. der Anlage VII aufgefasst, die um ein neues funktionales Geräteprofil für die Rezertifizierung mit TAF9 und TAF10 erweitert wurde. - Verfügbarkeit von Geräten – 41/100 Punkte (2019: 35/100)
Moderne Messeinrichtungen sind ausreichend am Markt vorhanden und Skalierungseffekte führen bereits zu einem sinkenden Preisniveau. Ähnlich gestaltet sich die Situation bei SMGWs. Hier fallen allerdings häufig lange Lieferzeiten und die immer noch inkonsistente Kompatibilität mit unterschiedlichen GWA-Systemen negativ ins Gewicht. Auch bei Steuereinheiten wurden verschiedene Anbieter identifiziert und die praktische Umsetzbarkeit unter Nutzung einer FFN Steuerbox erfolgreich demonstriert. - Telekommunikationsinfrastruktur – 50/100 Punkte (2019: 40/100)
Mit der Zuteilung der Nutzungsrechte der 450-MHz-Infrastruktur an die Energiewirtschaft konnte ein deutlicher Erfolg erzielt werden. Diese bietet die Basis für den notwendigen Aufbau einer sicheren, flächendeckenden Vernetzung. Auch wenn eine solche Infrastruktur bisher nur in regionalen Teilnetzen installiert ist, soll der zentrale Aufbau eine hohe Kostendegression und damit neue digitale Geschäfts-modelle auf iMS-Plattform ermöglichen. - Kundensicht – 30/100 Punkte (2019: 26/100)
Auch in 2020 ist die Bekanntheit der Energiewendedigitalisierung und des Rollouts eher gering. Dahingegen hat die Akzeptanz bei Haushalten und im Gewerbe zugenommen. Die Aufgeschlossenheit gegenüber digitalen Lösungsangeboten ist weiterhin vorhanden. Dementsprechend besteht eine hohe Verantwortung, um Mehrwerte und Lösungen zu entwickeln und somit Verbraucher aktiv an der Energiewende zu beteiligen.
Einschätzung von m2g
Viele Geschäftsmodelle rund um intelligente Messsysteme (iMS) befinden sich derzeit noch in der Konzept- oder Pilotphase. Zukunftsimpulse werden in nächster Zeit vor allem durch Mehrspartenbündelung und variable Tarife erwartet. Wichtig für Anbieter ist die rechtlich-regulatorische Planungssicherheit sowie eine zahlenmäßige Steigerung der installierten iMS, um Geschäftsmodelle nachhaltig planen und aufbauen zu können.
Dazu wird es notwendig sein, Themen wie das SteuVerG zeitnah zu beschließen. Technische Innovationen müssen außerdem zügiger in Rezertifizierungen umgesetzt werden. Eine Optimierung und Beschleunigung bei Zertifizierungen strebt das BMWI bereits in seinem Maßnahmenbündel an (wir berichteten).
Insgesamt blicken wir zuversichtlich auf das Ergebnis des Digitalisierungsbarometers 2020. Wir finden uns darin bestätigt, dass auch die Ersteller der Studie auf die notwendigen Impulse für innovative und lösungsorientierte Geschäftsmodelle auf der iMS-Infrastruktur hinweisen. Auch aus unserer Sicht bieten die nächsten Jahre große Chancen, die Motivation von Verbrauchern für eine aktive Beteiligung an der digitalen Energiewende gewinnbringend nutzen zu können.
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