Am 04.03.2021 sorgte die Meldung zum Eilbeschluss des OVG Münster für große Unsicherheit und kurzzeitiges Chaos in der Branche (wir berichteten). Viele eher kritische Stimmen zum Roll-Out intelligenter Messsysteme fühlten sich in ihrer Haltung bestätigt und läuteten nun den Abgesang der vermeintlich nutzlosen Technologie ein. Wir stellten bereits in unserer ersten Detailanalyse fest, dass es tatsächlich nur wenige Eingriffe zur Kurskorrektur benötigt, um die Aufregung rund um den OVG-Beschluss zu relativieren. Nun hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) als Antwort auf den Eilbeschluss ein Maßnahmenbündel vorgestellt, um die Rechtssicherheit beim Rollout von intelligenten Messsystemen (iMS) zu festigen.
Worum geht es?
Die Maßnahmen des BMWi bestehen einerseits aus einer Gesetzesanpassung des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) und andererseits aus einer Verbesserung im Verwaltungsverfahren von BMWi und BSI.
Die Gesetzesanpassungen sollen im laufenden Verfahren zur EnWG-Novelle integriert werden. Wir geben in diesem Blogbeitrag einen kurzen Überblick sowie unsere Einschätzung zu den getroffenen Maßnahmen.
Überblick der Maßnahmen
Die grundsätzliche Idee, dass Smart Meter Gateways (SMGW) vielseitig in diversen Bereichen der Energiebranche eingesetzt werden können und stufenweise weitere Funktionen erhalten, soll bestehen bleiben. Die Notwendigkeit zur Interoperabilitäts-Zertifizierung soll es auch weiterhin geben.
Um den gesamten Prozess des Rollouts zu optimieren, soll das Zertifizierungsverfahren des Bundesministeriums für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) beschleunigt und durch ein Monitoring verbessert werden. Darüber hinaus soll ein Ausschuss für Gateway-Standardisierung einberufen werden, welcher jährlich am 30.03 zur Optimierung der Verfahren sowie am 30.06. zur Verabschiedung des Standes der Technik des jeweiligen Jahres, tagt.
Zudem soll ein formales TR-Zertifizierungsverfahren etabliert und die bestehenden technischen Richtlinien überarbeitet werden. Als ambitioniertes Ziel gibt das BMWi an, dass die neuen TR-Zertifizierungen der SMGWs noch in 2021 abgeschlossen werden sollen. Darüber hinaus soll eine Initiative der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zur Vereinheitlichung der mess- und eichrechtlichen Handhabung von Software-Updates für SMGW gestartet werden.
Bezüglich der Gesetzesanpassung ist ein wesentlicher Aspekt, dass in verschiedenen Paragrafen klargestellt wird, dass auch über den SMGW-Administrator (GWA) im Zusammenspiel anderer relevanter IT-Systeme die Anforderungen des MsbGs für SMGWs umgesetzt werden können. So soll bspw. im § 60 Abs. 2 MsbG ergänzt werden, dass eine sternförmige Kommunikation und damit auch die Ersatzwertbildung und Plausibilisierung erst über das SMGW erfolgen muss, sobald das BSI dies als technisch möglich bewertet. Bis dahin sollen diese Funktionalitäten, wie aktuell auch, über das Backend des Messstellenbetreibers (MSB) abgewickelt werden.
Außerdem gibt es eine Klarstellung für den § 30 MsbG, der für die Markterklärung relevant ist. Hier soll ergänzt werden, dass das BSI die technische Möglichkeit auch zeitversetzt für die jeweiligen Einbaugruppen oder Untergruppen feststellen kann und somit ein stufenweiser Rollout rechtssicher wird.
Um das Thema Rechtssicherheit weiter zu stärken, soll zusätzlich der § 19 Absatz 6 neu eingeführt werden, in dem der Bestandsschutz von iMS geregelt wird. Hiernach sollen iMS auch dann noch weiterverwendet werden dürfen, wenn die Markterklärung nachträglich als nichtig oder rechtswidrig eingestuft wird.
Einschätzung von m2g
Wir begrüßen das schnelle Handeln mit konkreten Maßnahmen des BMWi auf das Urteil des OVG Münster und fühlen uns in der eingangs erwähnten ersten Einschätzung durchgängig bestätigt. Der aktuelle Prozess von regelmäßig aktualisierten Markterklärungen mit erweiterten Funktionalitäten der SMGWs wird somit rechtssicher und kann weiter bestehen. Wir begrüßen insbesondere, dass nun auch das Zertifizierungsverfahren beschleunigt werden soll, da ansonsten langwierige Prozesse die Digitalisierung der Energiebranche unnötig verlangsamen.
Der Fokus auf einen stufenweisen Rollout macht aus unserer Sicht ebenfalls Sinn, da so der Verbau von IMS weitergeführt werden kann. Die Einbindung des Paragrafen zum Bestandsschutz von iMS ist in der aktuellen Lage für viele MSB sicherlich eine Erleichterung, da die Gefahr eines Rückbaus bestehender iMS so minimiert wird. Auch wenn die Markterklärung nun rückwirkend als rechtswidrig bewertet werden sollte, können bereits verbauten iMS unter gewissen Voraussetzungen weiter betrieben werden bzw. sogar weiter verbaut werden.
Somit ist der weitere Rollout bestenfalls substanziell korrigiert, aber definitiv nicht gestoppt worden. Das Urteil vom OVG Münster hat jedoch einige Lücken im Gesetz und im Verfahren aufgezeigt, die nun behoben werden können. Ein Umstand, der allen Beteiligten in der Branche zugutekommen dürfte.
Wir hoffen, dass die nun vorgeschlagenen Anpassungen und Maßnahmen schnellstmöglich in das MsbG übernommen werden können und der Verbau von iMS weiter Fahrt aufnimmt. Auch vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse rund um das Klimaschutzgesetz brauchen wir diese Basistechnologie, um die zukünftigen Herausforderungen bewältigen zu können.
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