Bürgerenergiegesellschaften werden häufig aus lokalen oder regionalen Initiativen heraus gegründet, mit der Idee, den Ausbau von erneuerbaren Energien für die eigene Region voranzutreiben. Laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) müssen Bürgerenergiegesellschaften aus mindestens zehn natürlichen Personen als stimmberechtigte Mitglieder oder Anteilseignern bestehen, bei denen mindestens 51 % der Stimmrechte bei natürlichen Personen liegen. Kein Mitglied darf dabei mehr als 10 % der Stimmrechte halten. Des Weiteren müssen die potenziellen Mitglieder seit mindestens einem Jahr vor der Gebotsabgabe ihren gemeldeten Hauptwohnsitz in der kreisfreien Stadt bzw. im Landkreis haben, in der die Windenergieanlagen errichtet werden sollen. Anhand dieser Auslegung im EEG wird deutlich, dass Bürgerenergiegesellschaften bisher nur für Ausschreibungen im Bereich Windenergie Berücksichtigung finden.
Um die gesetzten Ziele zur Energiewende erreichen zu können, bedarf es jedoch einer Überarbeitung der momentanen Gesetzeslage, um Bürgerenergiegesellschaften zu stärken. Im aktuellen Referentenentwurf des EEG 2023 wird mit der geplanten Einführung des § 22b den BEGs ein eigener Paragraf gewidmet. In diesem werden nicht nur Solaranlagen berücksichtigt, sondern Bürgerenergiegesellschaften von Ausschreibungen teilweise ausgenommen. Für Solaranlagen gilt eine Ausnahme der Ausschreibungspflicht bei PV-Freiflächen bis sechs Megawatt Leistung und bei Windparks bis 18 Megawatt Leistung. Durch diese Ausnahmen sollen Projekte von Bürgern zukünftig unbürokratischer realisiert werden können. Darüber hinaus soll dadurch die Akteursvielfalt zunehmen und die örtliche Akzeptanz gestärkt werden. Bei all dem soll die Kosteneffizienz von Bürgerprojekten nach wie vor gegeben sein.
Das Prinzip von Bürgerenergie
Neben dem energetischen und nachhaltigen Nutzen werden Mitglieder einer Gesellschaft häufig auch finanziell beteiligt. Da Genossenschaften per Definition nicht gewinnorientiert handeln dürfen, werden jegliche Gewinne über Dividenden an ihre Mitglieder verteilt. Der finanzielle Nutzen ist jedoch eher zweitrangig, da der Fokus auf der Realisierung von Neu- und Ausbauprojekten liegt. Die Rechnung dabei ist denkbar einfach: Je mehr Menschen an einer BEG mitwirken, desto mehr Projekte lassen sich letztendlich umsetzen und der Ausbau erneuerbaren Energieanlagen wird somit weiter vorangebracht. Dabei spielen auch Verbraucher eine Rolle, die keine Mitglieder einer BEG sein müssen. Diese können sich mit dem erzeugten Strom aus Bürgeranlagen beliefern lassen, wodurch sie indirekt Neu- und Ausbauprojekte unterstützen.
Eine priorisierte Belieferung mit Strom aus von Bürgern finanzierten Anlagen ist nicht möglich, da Kunden trotz einer eventuellen Nähe zur Anlage nicht direkt beliefert werden können. Der erzeugte Strom wird stets durchs öffentliche Netz geleitet, mit erzeugtem Strom aus konventionellen Kraftwerken gemischt und so letztendlich an den Kunden geliefert.
Die Rolle des Stadtwerks in einer Bürgerenergiegesellschaft
Das primäre Ziel einer dezentralen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien schafft die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen Stadtwerken und BEGs. Bei dieser Kooperation entstehen beidseitig einige Vorteile. So profitieren beide Parteien unter anderem vom Netzwerk des jeweils anderen. Auch entsteht auf beiden Seiten ein finanzieller Nutzen, da sich die Kosten eines Projekts auf das Stadtwerk und die BEG verteilen. Einen weiteren Vorteil können BEGs aus den verfügbaren Freiflächen kommunaler Stadtwerke ziehen, um diese für ihre Initiativen zu pachten. Nicht zuletzt profitieren BEG vom energiewirtschaftlichen Know-how der Stadtwerke, welche die entsprechenden Aufgaben übernehmen.
Einschätzung von m2g
Eine Stärkung von Bürgerenergiegesellschaften, welche derzeit aus dem Referentenentwurf des EEG 2023 hervorgeht, kann einen positiven Beitrag zur Beschleunigung des Ausbaus von erneuerbaren Energien haben. Dies ist ein wichtiger Ansatz, um die durchaus ambitionierten Ausbauziele der Bundesregierung erreichen zu können.
Stand heute müssen BEGs und Teilnehmer der Genossenschaft kein intelligentes Messsystem (iMS) im Haushalt bzw. an der Anlage installieren, was aus unserer Sicht eine vertane Chance des Gesetzgebers darstellt. Über ein iMS können bereits heute Mehrwerte generiert werden. Ein Mehrwert wäre u. a. eine Peer-to-Peer-Plattform, auf der der regional erzeugte Strom direkt verkauft oder gekauft werden kann. Je nach Größe einer BEG können sich Mitglieder dabei zu einer Stromgemeinschaft zusammenschließen und mithilfe von intelligenten Messsystemen vernetzen.
Ein Beispiel für Mehrwerte zeigt sich bei einem Blick nach Österreich. Dort werden bei Bürgerenergiegesellschaften Smart Meter mit einer 15-minütigen Auslesung verbaut. Dies ermöglicht einerseits die Nutzung von Flexibilitätsmechanismen in der Preisgestaltung und andererseits die Aufteilung des erzeugten Stroms. Es wird zwischen der statischen und der dynamischen Aufteilung unterschieden. Dabei erlaubt die statische Aufteilung eine genau Zuteilung des Stroms, d.h. es wird festgelegt, welcher Kunde wie viel erhält. Wohingegen die dynamische Aufteilung eine bedarfsorientierte Zuteilung ermöglicht.
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