Die Novelle des §14a aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) soll in Form des Steuerbare-Verbrauseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG) den notwendigen Netzausbau kosten- und zeiteffizienter gestalten. Der BDEW bemerkt, dass das Instrument der Spitzenglättung sinnvoll und notwendig ist und „das Ergebnis eines langen, gutachterlich gestützten Prozesses im Bundeswirtschaftsministerium“ sei (BDEW – Kerstin Andreae). Diese Pläne wurden vom Verband der Automobilindustrie (VDA – Hildegard Müller) hingegen kritisiert, denn „was Spitzenglättung genannt wird, bedeutet für die Kunden leider Abschalten“. Daraufhin hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) nun am 18.01.2021 den Referentenentwurf zum SteuVerG wieder zurückgezogen. Man wolle nun erneut mit Automobilherstellern und Netzbetreibern in den Dialog treten und den Gesetzesentwurf erneut verhandeln und formulieren. Vermeintlich alternative Vorschläge, wie z.B. die Einführung von flexiblen Netzentgelten (Klaus Müller, VZBV, 19.01.2021), stehen nun bereits im Raum.
Worum geht es?
Die Novellierung des §14a aus dem Energiewirtschaftsgesetz stellt einen Meilenstein im Zuge der Digitalisierung in der Energiewende dar. Hintergrund ist, dass in den nächsten Jahren eine signifikante Zunahme von E-Mobilität und steigende Nutzung von sog. steuerbaren Verbrauchseinrichtungen zu erwarten ist. Die breite Elektrifizierung sämtlicher Strukturen stellt verschiedene Akteure vor große Herausforderungen. Die Belastung von Stromnetzen, besonders auch in der Niederspannungsebene, nimmt rapide zu. Das neue Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz (SteuVerG) verspricht hierfür eine Lösung.
Das Instrument der Spitzenglättung ermöglicht einen vorausschauenden Netzausbau. Durch die Fernsteuerung von großen Verbrauchern, wie Wärmepumpen und Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, kann das Lastmanagement insofern reguliert werden, dass der Netzausbau auf ein intelligentes Maß „verlangsamt“ werden kann. Baumaßnahmen könnten mit sonstigen Tiefbauprojekten aus anderen Versorgungssparten wie bspw. der Telekommunikation kombiniert werden. Das führt je nach Schätzung und Ausführung laut Referentenentwurf zum SteuVerG zu bundesweiten Einsparungen in Höhe von 3,6 bis 7,6 Milliarden Euro. Davon soll im Endeffekt auch jeder Stromkunde profitieren.
Neu in der 14a-Novelle taucht ein gestärkter marktorientierter Ansatz des ehemals vor allem netzdienlich orientierten Paragrafen für Flexibilitätsmechanismen auf. Dadurch könnten neue Geschäftsmodelle ermöglicht werden. Insgesamt wird die Flexibilisierung des Strommarktes weiter gefördert. Erst durch die Schaffung der Regelungsarchitektur sowie die verbesserte Netzzustandsüberwachung, u.A. bedingt durch die erst kürzlich zertifizierten TAF9 und TAF10, kann in Verbindung mit notwendigen MaKo-Prozessen dieses Potential ausgeschöpft werden. Darüber hinaus werden nun auch EVU und Letztverbraucher als Anspruchsberechtigte für Steuerbarkeit aufgenommen.
Hier die sechs Grundsätze der Novelle des §14a kurz zusammengefasst:
- Die Spitzenglättung wird grundlegend definiert
- Netzseitige Steuerung wird weiter ausformuliert
- Der Netzanschluss von steuerbaren Verbrauchseinrichtung wird binnen 2 Monaten zum Regelfall
- Anreize für Flexibilität werden gesetzt und Kostenverursachungsgerechtigkeit wird gestärkt
- Effiziente und systemoffene Systemintegration über existierende Prozesse wird zugrunde gelegt
- Schrittweise Einführung und kontinuierliche Weiterentwicklung wird angesetzt
Des Weiteren hat die Novelle Auswirkungen und Querverzweigungen zu anderen aktuellen Themen. So bspw. zur Marktkommunikation 2022, die ebenfalls erst kürzlich von der Beschlusskammer 6 der BNetzA veröffentlich wurde (wir berichteten). Im Bereich der E-Mobilität gelten Ladesäulen ab dem 01.01.2021 generell als steuerbare Verbrauchseinrichtungen, weshalb das SteuVerG künftig auch in diesem Kontext relevante Auswirkungen haben wird. Allerdings scheint sich die Branche gegen das Gesetz zu wehren. Die Automobilindustrie wirft dem BMWi vor, dass man mit der Gesetzesnovelle die Akzeptanz für Elektromobilität gefährde. Weiterhin wird behauptet, dass das Gesetz Deutschland auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität zurückwerfen würde. Diese Kritik hat letztlich dazu geführt, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier den bisherigen Referentenentwurf zum SteuVerG zurückgezogen hat, um diesen neu zu verhandeln.
Wie finden wir das?
Aus unserer Sicht ist die jüngste Entwicklung ein Rückschritt bei der Schaffung von notwendigen Infrastrukturen für die Energiewende und flexible Systeme. Besonders befremdlich wirkt dabei, dass der Entwurf des SteuVerG quasi das Ergebnis eines sehr langen und branchenübergreifenden Diskurses ist. Beginnend mit dem Konzept der Netzbetreiberampel vor ca. 7 Jahren über diverse Gutachten u.A. von BET und Diskussionsrunden in der BMWi-AG „intelligente Netze und Zähler“ sowie nachgelagerten Arbeitsgruppen. Von daher wirkt die jetzt vom VDA formulierte Kritik wenig nachvollziehbar, da auch einige Vertreter des VDA in die genannten Prozesse involviert waren, ja diese sogar teilweise als Arbeitsgruppenleiter geführt hatten.
Darüber hinaus ist das noch immer laufende Förderprogramm für Ladestation, soweit diese steuerbar sind, ein Indiz, dass eine Steuerung von Ladenvorgängen zu den zentralen Zielen der neuen Betriebskonzepte gehört. Wie bedeutend eine bessere Steuerbarkeit in Zukunft sein kann, hat nicht zuletzt der 8 Januar 2021 gegen 14:05 bewiesen. Zu diesem Zeitpunkt wäre es aufgrund eines starken Frequenzabfalls im Übertragungsnetz fast zu einem europäischen Blackout gekommen. Dies zeigt, dass es mehr Steuerbarkeit und Flexibilität braucht, damit nach Abschaltung der letzten Kohlekraftwerke ein stabiles System möglich wird bzw. bleibt. Das SteuVerG ist hier ein Eckpfeiler des Fundaments.
Das in diesem ersten Gesetzesentwurf beschriebene Instrument der Spitzenglättung kann hierzu beitragen und zeitgleich den sonst notwendigen Netzausbau insofern „verlangsamen“, dass durch „Intelligenz statt Kupfer“ eine bessere Auslastung der vorhandenen Kapazität erfolgt statt eines kostspieligen Ausbaus auf den Maximalbedarf.
Sicherlich birgt das neue Gesetz eine Menge Herausforderungen besonders auch für Netz- und Messstellenbetreiber. Es sind auch noch einige Korrekturen notwendig, damit der gesamte Entwurf rund und umsetzbar ist. Allerdings wäre es aus unserer Sicht fatal, den gesamten Vorgang nochmals erheblich zu verlangsamen. Wir bleiben dran und hoffen auf einen baldigen neuen Entwurf.
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