Nach der Mako 2020 ist vor dem Zielmodell … oder auch nicht. Die aktuellen Festlegungen und Vorgaben der BNetzA zur Mako 2022 beschäftigt sich mit anderen Fragen, die in den vergangenen Jahren eher auf der Strecke geblieben sind.
Worum geht es?
Die Bundesnetzagentur hat am 21.12.2020 in einem Festlegungsverfahren zur Weiterentwicklung der Netzzugangsbedingungen Strom (BK6-20-160) neue Vorgaben zur Marktkommunikation veröffentlicht. Die Änderungen schlagen sich in allen vier Bereichen der Marktkommunikation (GPKE, WiM, MPES, MaBiS) sowie im Netznutzungs- und Lieferantenrahmenvertrag und im öffentlichen Laden von E-Fahrzeugen nieder.
Wie sieht die Festlegung aus?
In den vergangenen Jahren stand die stichtagsbezogene Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zum Roll-Out im Vordergrund. Ziel der Mako 2022 ist es in zahlreichen Themenfelder die Automatisierung und Digitalisierung voranzutreiben, sowie Mehrwertdienste zu ermöglichen. Umgesetzt werden müssen alle Vorgaben bis zum 01.04.2022.
Folgende fünf beispielhafte Änderungen verdeutlichen das Potential der Anpassung hinsichtlich Automatisierung, Digitalisierung und gleichzeitig den hierfür notwendigen Aufwand bei der Umstellung für die Marktteilnehmer:
- Einführung eines elektronischen Preisblattes (GPKE): Es wird ein elektronisches Preisblatt eingeführt, um die Netzabrechnung seitens Lieferanten weiter zu automatisieren. Um dem Lieferanten mittels des elektronischen Preisblatts eine vollautomatisierte Rechnungsprüfung zu ermöglichen, müssen die im elektronischen Preisblatt gelisteten Artikel für den jeweiligen Anwendungsfall abschließend sein. Daher hat die Beschlusskammer insgesamt drei unterschiedliche Preisblätter eingeführt. Es gibt ein Preisblatt für die Entgelte im Rahmen der Netznutzung, ein anderes für separat bestellbare Einzelleistungen sowie eines für die freiwillige Abrechnung sonstiger Leistungen.
- Unterbrechung und Wiederherstellung der Anschlussnutzung (GPKE): Ein Großteil aller bisherigen bestehenden Excel-Auftragsformulare, die Anlagen des Netznutzungsvertrag sind, müssen in eine elektronische und massengeschäftstaugliche Form überführt werden. In allen von den neuen Prozessbeschreibungen erfassten Fällen, die zahlenmäßig den weit überwiegenden Anteil der in der Praxis vorkommenden Anschlussunterbrechungen erfassen, kommt künftig ausschließlich eine Beauftragung auf diesem Weg in Betracht. Nur in den von den Prozessen nicht erfassten Fällen (Sonderkonstellationen, höhere Spannungsebenen) bleiben Excel-Auftragsformulare möglich.
- Anfrage und Übermittlung von Werten durch und an den Energieserviceanbieter (WiM): Mit den neu eingeführten Prozessen bietet sich nun die Möglichkeit für Energie-serviceanbieter (ESA), zeitnah automatisiert die vom Anschlussnehmer gewünschten Daten abzurufen und zu analysieren. Zwingende Voraussetzung für das Tätigwerden eines Energieserviceanbieters ist eine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Ein-willigung des Anschlussnutzers und zudem muss der sichere Versand der Werte aus dem Back-End per EDIFACT oder direkt aus dem iMS per XML garantiert werden. Im Fokus steht hierbei die Übermittlung von Zählerstandsgängen (TAF 7) und hochfrequentierten Mess-werten für Mehrwertdienste (TAF 14).
- Netznutzungsvertrag: Mit der Festlegung der Mako 2022 wurden von der BNetzA auch einige Klarstellungen zum Netznutzungsvertrag vorgenommen. So gilt bei der Erteilung von Netznutzungsrechnungen in Bezug auf die Lieferzeiträume nach dem 01.01.2023, bspw. die Vorbedingung, dass die aktuellen Netznutzungsentgelte vom Netzbetreiber sowohl veröffentlicht als auch im Rahmen des Prozesses „Übermittlung Preisblatt NB an LF“ in Preisblatt 1 an den Lieferanten übermittelt wurden. Die Netznutzungsrechnung enthält zudem nur Positionen, die als Artikel-ID im elektronischen Preisblatt enthalten sind oder als Zu-/Abschlag zu einer Artikel-ID des elektronischen Preisblatts des Netzbetreibers vorab im Rahmen der Stammdatenprozesse übermittelt wurden. Alle anderen Kosten, wie bspw. Kosten für Unterbrechung und Wiederherstellung der Anschlussnutzung, Verzugskosten sowie Kosten für sonstige Leistungen werden nicht mit der Netznutzungs-abrechnung abgerechnet.
- Ermöglichung des bilanziellen Netzzugangs an Ladepunkten für Elektromobilität (NZR-EMob): Bilanziell sind Ladesäulen bisher Letztverbraucher-Entnahmestellen und sind somit einem festen Bilanzkreis zugeordnet. Ein Ladepunkt kann hiermit bilanziell nur von einem Stromlieferanten beliefert werden. Die NZR-EMob soll dagegen eine ladevorgangsscharfe bilanzielle Zuordnung des Ladestroms ermöglichen. Damit könnten zukünftig Ladepunktbetreiber (CPO) jedem Lieferanten die Möglichkeit bieten ihre Kunden mit Ladestrom zu versorgen. Mit der NZR-EMob wird ein Ladepunkt zu einer bilanziellen Übergabestelle. Der CPO übernimmt hierdurch die Verantwortlichkeiten für ein „virtuelles“ Bilanzierungsgebiet und muss im Rahmen der Bilanzkreisabrechnung Energiemengen auf Summenzeitreihen bereitstellen. Die Anwendung der NZR-EMob ist, folgt man dem Beschluss der BNetzA, nicht verpflichtend und ist zumindest im Zusammenhang mit aktuellen Untersuchungen des Bundeskartellamtes bezüglich der geltenden Nutzungsbedingungen für dritte Ladestromlieferanten fragwürdig.
Wie finden wir das?
Wir begrüßen die Weiterentwicklung der Marktkommunikation. Neben dem Schließen von Prozesslücken (u.a. Sperren/Entsperren), kann hiermit der Weg für Mehrwertdienstleistungen geebnet werden. Eine standardisierte Bereitstellung von Mehrwertdienstleistungen für ESA ermöglichen MSB (egal ob gMSB oder wMSB) zusätzliche Erlöse. Damit sich diese Geschäftsmodelle rechnen, ist allerdings ein flächendeckender und zügiger Roll-Out von intelligenten Messsystemen unabdingbar.
Die Erfahrung der letzten Festlegungen zeigen allerdings, dass die geplanten Änderungen teils immense Anpassungen der eigenen Prozesse im Messstellenbetrieb erfordern. Mit Blick auf den anvisierten Umsetzungstermin ist es für die Branche wichtig, frühzeitig in die Umsetzung zu gehen.
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