Worum geht es?
Deutschland hat das Ziel, bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu sein und sich hierzu im EEG 2023 ambitionierte Ziele für den Solaranlagenzubau gesetzt. Um diese zu erreichen, wurde am 16. August 2023 das „Solarpaket I“ veröffentlicht. Die Ziele im EEG umfassen unteranderem ein Zubau von installierter Leistung von Solaranlagen in Höhe von 9 GW (2023) und danach von 13 GW (2024) bzw. 18 GW (2025). Ein weiteres Anliegen des Gesetzgebers ist es, die verbrauchsnahe Stromerzeugung über Dachanlagen und Stecksolar bzw. Balkon-PV zu fördern.
Als Stecksolar bzw. Balkon-PV bezeichnet der Gesetzgeber Solaranlagen, welche aus einem oder mehreren PV-Modulen, einem Wechselrichter, einer Anschlussleitung und einem Stecker zur Verbindung mit dem Endstromkreis eines Letztverbrauchers bestehen. Hierbei ist die Verbindung zum Endstromkreis die Besonderheit von Balkon-PV Anlagen und damit der Unterschied von PV-Modulen auf den Dächern.
Was bedeuten die neuen Regelungen rund um Stecksolar?
Das „Solarpaket I“ hat zum Ziel den Einbau und den Betrieb von Stecksolargeräte zu vereinfachen. In diesem Blogbeitrag werden wir auf wichtige Änderungen eingehen.
Messtechnische Ausstattung der Messstelle
Insbesondere ist zukünftig bei der Installation eines Steckersolargeräts nur noch die Meldung im Marktstammdatenregister erforderlich, die Netzbetreibermeldung entfällt. In der Konsequenz daraus genügt in Zukunft die Registrierung zum Marktstammdatenregister (MaStR) gemäß § 5 oder § 7 der Marktstammdatenregisterverordnung innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme.
Für den Messstellenbetreiber bedeutet das, dass im Interesse einer effizienten und wirtschaftlichen Umstellung, abweichend von der üblicherweise geltenden Monatsfrist und mit Rücksicht auf ihre Rollout-Planung nach dem MsbG, unverzüglich nach Meldung im Marktstammdatenregister, die jeweilige Messstelle mit einem Zweirichtungszähler oder einem intelligenten Messsystem auszustatten ist. Es ist keine gesonderte Beauftragung des Anschlussnehmers bzw. Anschlussnutzers notwendig. Dies ermöglicht den Messstellenbetreibern eine Bündelung mehrerer Einbaufälle und stellt sicher, dass Ressourcen prioritär für die energiewirtschaftlich bedeutsameren Pflichteinbaufälle von intelligenten Messsystemen eingesetzt werden können.
Anlagenzusammenfassung
Auch bei der Anlagenzusammenfassung werden Sonderregelungen für Balkon-PV getroffen, um die Nutzung so einfach wie möglich zu gestalten. Auch sollen unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Balkon-PV-Anlagen oder Dachanlagen am selben Netzanschluss ausgeschlossen werden. An einer Entnahmestelle kann, folgt man dem Solarpaket des Gesetzgebers, ein Stecksolargerät mit einer installierten Leistung von bis zu 2 kWp und einer Wechselrichterleistung von bis zu 800 Voltampere betrieben werden, ohne mit anderen Anlagen zusammengefasst zu werden. Allerdings werden mehrere Stecksolargeräte an einer Entnahmestelle kumuliert betrachtet, um bei einer Überschreitung der Schwellenwerte durch mehrere Anlagen, diese zusammenzufassen. Grundsätzlich schließt der Gesetzgeber mit dem Solarpaket eine Steuerungspflicht bei Balkon-PV aus.
Abrechnung von Stecksolargeräten
Hier gilt zu beachten, dass bei Messstellen bei denen sowohl eine Dach-Solaranlage als auch ein Stecksolargerät bei gemeinsamer Abrechnung die eingespeiste Menge im Verhältnis zu der jeweilig installierten Leistung der Anlage auf die Vermarktungsform aufzuteilen ist. Außerdem gilt bis zum Einbau der geeigneten Messtechnik, dass die Messwerte zum Zwecke der Abrechnung „vermutet“ also geschätzt werden. Auch wenn nicht rücklaufgesperrte Ferraris-Zähler verbaut sind. Diese Messwerte können nur durch ein Nachweis einer technischen Störung oder Manipulation widerliegt werden.
Wie finden wir das?
Grundsätzlich begrüßen wir die vereinfachte Regelungen rund um den Zubau von Balkon-PV. Der Gesetzgeber geht von einem Zubau von rund 200.000 Steckersolargeräten jährlich aus. Das bedeutet für die kommenden 8 Jahre eine Plus von 1.6 Mio. Stecksolargeräte.
Mit Blick auf den Rollout, gilt es daher als Messtellenbetreiber, dass eigenen Netzgebiet zu betrachten und ggfs. die Anzahl der bestellten Zwei-Richtungszählern bzw. der Smart-Meter Gateways zu erhöhen, um die Messstellen mit Balkon-PV Anlagen mit der geeigneten Messtechnik auszustatten. Zwar soll laut Solarpaket die Monatsfrist für Messstellenbetreiber nicht gelten, allerdings soll auch der Zeitraum bei denen Mengen die eingespeist werden „vermutet“ werden möglichst gering sein und ein „unverzüglicher“ Einbau erfolgen. Auch gilt es das IT-System des Energieversorgers so zu erweitern, dass bei Messstellen bei den sowohl Dach-Solar als auch Balkon-PV vorliegt dies im ERP-System erkennbar ist und darauf aufbauend die Abrechnung je nach vorliegender Vermarktungsform funktioniert.
Die Vereinfachung, dass bei Balkon-PV Anlagen keine Netzbetreibermeldung benötigt wird, ist im Zusammenhang der Entbürokratisierung wünschenswert. Allerdings bedeutet, dass auch eine Erhöhung der Aufwände für die Netzbetreiber. Diese müssen zukünftig das Markstammdatenregister auswerten, um exakte Aussagen über die einzelnen Netzstränge in ihrem Netzgebiete treffen zu können.
Im Allgemeinen ist das „Solar-Paket I“ insbesondere für die Anschlussnutzer eine Vereinfachung der Regelungen rund um Balkon-PV und kann hier durchaus den Zubau verstärken. Ob das ausreicht, um die Energiewende zu beschleunigen bleibt abzuwarten.
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