Worum geht es?
Kürzlich hat Bearing Point seine Stadtwerke-Studie 2021 veröffentlicht, in dem das Beratungsunternehmen im Rahmen einer Kunden- und Anbieterbefragung Wachstumspotentiale und Marktchancen für intelligente Messsysteme ermittelt hat.
Intelligente Messsysteme können sowohl Kunden als auch Energieversorgern und externen Marktteilnehmern großes Potential zur Optimierung von Verbrauch, Kosten und Komfort bieten. Noch gehen die Meinungen auseinander, welche Angebote im Zusammenhang mit intelligenten Messsystemen perspektivisch den größten Erfolg versprechen. Der Vergleich von Kundenerwartungen mit den aktuellen und geplanten Angeboten gibt dabei interessante Einblicke in Marktchancen und mögliche Entwicklungen. Bearing Point hat dazu 30 energiewirtschaftliche Unternehmen und 1000 nicht repräsentativ ausgewählte energieaffine private Stromkunden zu den Schwerpunkten Energietransparenz, Komfort, Energieservices, dezentrale Erzeuger und häusliche Sicherheit befragt.
Die wichtigsten Ergebnisse
Die befragten Kunden nennen zahlreiche bekannte Themen als die größten Vorteile intelligenter Messsysteme: verbesserte Verbrauchstransparenz, Verbrauchsoptimierung und größerer Komfort sind für knapp die Hälfte der Befragten interessant. Das kann etwa über Kundenportale und Apps geschehen, die neben Verbrauchsanalysen auch Verbrauchs- und Kostenprognosen anbieten und daraus Tipps für Einsparpotentiale ableiten. Interessant dabei: etwa drei Viertel der Befragten befürworten sowohl Tipps zur manuellen Senkung des Energieverbrauchs als auch die automatische Fernsteuerung von Anlagen oder energieintensiven Haushaltsgeräten zur Verbrauchsoptimierung – etwa anhand von Strompreisen oder Eigenerzeugung. Da keines der befragten Unternehmen angibt, die automatische Gerätefernsteuerung bereits anzubieten, scheint hier ein gewisses Wachstumspotential zu bestehen. Für einen großen Anteil der Kunden ist auch eine Kopplung des Strompreises an den tatsächlichen Verbrauch interessant – also der Ersatz der Abschlagszahlungen durch tatsächliche Verbräuche und die Orientierung der Preise an den tagesaktuellen Strommarktpreisen. Zusatzthemen im Bereich Smart Home, wie etwa Sicherheitstechnik gegen Einbrüche oder Ambient Assisted Living zur Unterstützung älterer oder behinderter Menschen werden noch als begrenzt interessant bewertet. Als Hindernisse werden von den Kunden hauptsächlich die Umrüstungskosten und die Gefahr des Datenmissbrauchs gesehen, während von den Anbietern hauptsächlich die laufenden Kosten kritisch bewertet werden.
Interessanterweise werden von Seiten der Anbieter die befragten Privatkunden als wenig attraktive und zahlungswillige Kundengruppe bewerten. Das wesentlich größere Potential wird bei Geschäftskunden wie Filialisten und Wohnungswirtschaft gesehen, die bereits durch umfangreiche Werbe- und Vertriebsaktivitäten gezielt angesprochen werden. Daraus resultiert auch, dass sich die meisten Anbieter durch herausragende Qualität und innovative Produkte von der Konkurrenz abheben möchten, nicht jedoch über den Preis. Die Preisgestaltung wird in der Tat flächendeckend als großes Hindernis betrachtet, da die Margen durch die im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) festgelegten Preisobergrenzen (POG) als zu gering angesehen werden, insbesondere aufgrund der hohen Umsetzungskomplexität der Themen. Folgerichtig beschäftigen sich die meisten Anbieter daher neben dem Ausbau der Marktposition, insbesondere als nicht POG-gebundener wettbewerblicher Messstellenbetreiber, hauptsächlich mit der Kostenoptimierung durch Verbesserung der IT-Infrastruktur und der internen Prozesse.
Einschätzung von m2g
Die Stadtwerke-Studie 2021 streift viele bekannte Themen und Hindernisse des intelligenten Messwesens. So bewertet knapp die Hälfte der befragten Privatkunden Themen wie Energietransparenz, Verbrauchsoptimierung und Komfortgewinn als interessant. Dem gegenüber stehen jedoch zunächst die laufenden Kosten für intelligente Messsysteme, die das tatsächliche finanzielle Einsparpotential für den Stromkunden erheblich reduzieren. Dies wird durch die befragten Stromkunden zwar überwiegend nicht als kritisch bewertet, durch die Anbieter jedoch schon: diese sehen in Privatkunden keine interessante oder zahlungswillige Kundengruppe und bewerten die laufenden Kosten als größtes Hindernis. Aus Sicht der Anbieter kommt dabei hinzu, dass die Preisobergrenze, die den Kunden in Rechnung gestellt werden darf, derzeit keine großen Margen zulässt. Eine Erhöhung würde allerdings das Einsparpotential für Privatkunden noch weiter reduzieren. Neben der Zusammenarbeit mit Prosumern mit komplexem Verbrauchs- und Erzeugungsverhalten dürfte der größte Hebel im Privatkundenbereich daher hauptsächlich in der Optimierung des Energieverbrauchs und der Verbesserung des eigenen CO2-Fußabdrucks liegen. Diese Erkenntnis nutzen Apps wie beispielsweise CaptEnergy, die den Nutzern ihren Beitrag zum Klimaschutz darstellen und somit das Verbrauchsverhalten optimieren können.
Insgesamt dürften Geschäftskunden als Zielgruppe derzeit noch deutlich interessanter sein als Privatkunden. Dies ist nicht nur auf die häufig deutlich höheren Verbräuche und das daraus resultierende Einsparpotential zurückzuführen, sondern auch auf neue gesetzliche Anforderungen. So werden etwa das Wohneigentumsmodernisierungsgesetz (WeMOG) und das Gebäudeelektromobilitätsinfrastrukturgesetz (GEIG) zum Ausbau der Ladeinfrastruktur in Mietshäusern beitragen. Dezentrale Energieversorgungskonzepte (z.B. Mieterstrom) sorgen zusätzlich für komplexe Energieversorgungskonzepte, die sich durch geschickten Einsatz intelligenter Messsysteme energetisch und wirtschaftlich sehr lohnen können.
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